VG München, Beschluss vom 03.12.2010 - M 22 S 10.53
Fundstelle
openJur 2012, 112699
  • Rkr:
Tenor

I. Die in Nummer V des Bescheides vom …. Dezember 2009 angeordnete sofortige Vollziehung der Nummer I.2 des Bescheides wird aufgehoben.

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird hinsichtlich der Nummer I.1 des Bescheides vom …. Dezember 2009 wiederhergestellt, hinsichtlich der Nummer IV angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 10.000,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Eigentümer des in der Z-Straße 5 gelegenen Grundstücks Flurnummer … der Gemarkung …, welches im Geltungsbereich des Bebauungsplanes B … in der Fassung vom 28. Juni 2005 und des Baulinienplanes vom 7. Oktober 1925 liegt. Diese setzen Art und Maß der baulichen Nutzung sowie Baugrenzen fest.

In der Sitzung vom 27. Januar 2009 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin einen Beschluss zur Aufstellung eines qualifizierten Bebauungsplanes für dieses Grundstück, insbesondere wegen der zulässigen überbaubaren Grundstücksflächen, der exakten Situierung der notwendigen Stellplätze, der Darstellung der von der Bebauung freizuhaltenden Flächen und der Darstellungen von Schutzvorkehrungen zur Sicherung von Natur und Landschaft. Gleichzeitig erließ der Gemeinderat eine Veränderungssperrensatzung.

Im April 2009 fällte der Antragsteller einige auf dem Grundstück stehende Bäume. Ein gegen ihn nach Art. 46 BayWaldG eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, das Landratsamt … teilte mit Schreiben vom 5. November 2009 mit, die vorgenommenen Rodungen hätten aufgrund der Regelung des Art. 9 Abs. 8 BayWaldG keiner Erlaubnis bedurft. Am 26. November 2009 fällte der Antragsteller weitere Bäume auf dem Grundstück.

Mit Schreiben vom 26. November 2009 teilte die Antragsgegnerin der Polizei-inspektion … mit, dass sie gemäß Art. 7 Abs. 2 LStVG die Anordnung treffe, die derzeit stattfindenden Fällarbeiten auf dem Grundstück Z-Straße 5 sofort und solange einzustellen, bis hierüber die zuständigen Behörden eine Entscheidung getroffen haben. Eine ausführliche Version der Anordnung folge noch.

Mit Bescheid vom …. Dezember 2009, zugestellt am 3. Dezember 2009, verpflichtete die Antragsgegnerin den Antragsteller, es zu unterlassen, Bäume auf dem Grund-stück Flurnummer … der Gemarkung … zu fällen (Nummer I.1). Desweiteren verpflichtete sie ihn, die im beiliegenden Lageplan (Anlage 1) mit den Nummern 1 bis 9 gekennzeichneten Bäume zu fällen und abtransportieren zu lassen (Nummer I.2). Die Antragsgegnerin stellte fest, dass mit diesem Bescheid ihre bereits am 26. November 2009 gegenüber der Polizeiinspektion … schriftlich getroffenen Anordnungen bestätigt und präzisiert werden (Nummer II) und dass weitere Anordnungen auf Grund ihrer Veränderungssperre vom 29. Januar 2009 vorbehalten bleiben (Nummer III). Für den Fall, dass der Antragsteller die in den Nummern I.1 und I.2 festgelegten Auflagen nicht, nicht gehörig oder nicht rechtzeitig erfüllt, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von je 10.000,-- € (für die Verpflichtung in Nummer I.1 sowie für die Verpflichtung in Nummer I.2) angedroht (Nummer IV). Die sofortige Voll-ziehung der Nummern I.1 und I.2 des Bescheides wurde angeordnet (Nummer V). Für den Bescheid wurden Gebühren in Höhe von 1.000,-- € erhoben (Nummer VI).

Gestützt wurde der Bescheid auf die Rechtsgrundlage des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, der Beseitigung der Bäume stehe die Veränderungssperre entgegen, da die Fällung der Bäume eine erhebliche Veränderung des Grundstücks bewirke. Darüber hinaus halte die Antragsgegnerin den Baumbestand auf dem Grundstück für städtebaulich erforderlich, da er sowohl für den Wasserhaushalt als auch für die Stabilität des Isar-Hochufers von Bedeutung sei. Mit der getroffenen Anordnung wolle die Antragsgegnerin die Verbote der Ver-änderungssperre durchsetzen und ihre Planungshoheit wahren. Die in der Anlage 1 zum Bescheid mit den Nummern 1 bis 9 gekennzeichneten Bäume seien bereits angesägt und daher nicht mehr standsicher, so dass sie eine Gefahr für die Allge-meinheit darstellten. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im öffentlichen Interesse, da bei einem Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheides die vollständige Fällung des gesamten Hanges zu befürchten sei, der Antragsgegnerin aber an der Erhaltung des vorhandenen Baumbestandes gelegen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Fax seines Bevollmächtigten vom 4. Januar 2010 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München, die unter Aktenzeichen M 22 K 10.53 geführt wird, und beantragte zugleich

die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsgegnerin sei für eine derartige Anordnung unzuständig, da Entscheidungen über etwaige Verstöße gegen eine Veränderungssperre allein der unteren Bauaufsichtsbehörde oblägen. Auch lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 LStVG nicht vor. Die Fällung der Bäume auf dem Grundstück des Antragstellers sei laut Schreibens des Landratsamtes München vom 5. November 2009 erlaubnisfrei möglich und erfülle weder den Tatbestand eines Strafgesetzes noch einer Ordnungswidrigkeit. Zudem seien die Bäume keine Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten sei. Im Übrigen sei die Veränderungssperre unwirksam, da die Antrags-gegnerin bei deren Erlass noch nicht über Planungsziele verfügte. Die Baumfällung stelle zudem keine erhebliche Grundstücksveränderung dar, vielmehr handle es sich um notwendige Unterhaltungsarbeiten. Dies gelte insbesondere auch für die beab-sichtigte Fällung zweier weiterer Bäume, die sich in einem maroden Zustand befän-den und die Verkehrssicherheit des angrenzenden Weges gefährdeten.

Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 14. Januar 2010,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führten die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 14. Januar 2010, 16. Februar 2010 und 15. Juni 2010 im Wesentlichen aus, die untere Bauaufsichtsbehörde sei, da es sich bei den Bäumen nicht um bauliche An-lagen handele, für den Erlass einer solchen Anordnung nicht zuständig, vielmehr sei die Antragsgegnerin als Sicherheitsbehörde zuständig. Die Tatbestandsvoraussetz-ungen des Art. 7 Abs. 2 LStVG lägen vor, da es sich bei den Bäumen um Sachwerte handele, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheine. Der Erlass der Veränderungssperre diene gerade dazu, den schützenswerten Baumbestand, der teilweise im Landschaftsschutzgebiet liege, in seiner ortsbildprägenden Gestal-tung zu erhalten. Die Veränderungssperre sei wirksam, ihrem Erlass habe das Pla-nungsziel des Schutzes der Bäume und der Waldkulisse am Isar-Steilufer zugrunde gelegen. Die Fällung der Bäume stellten keine Unterhaltungsarbeiten dar, da es an dem Standort ganz überwiegend keine zu unterhaltenden baulichen Anlagen gebe. Eine Gefahr durch den maroden Zustand von Bäumen sei bisher nicht festgestellt worden.

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 27. Januar 2010 und 12. Mai 2010 ent-gegnete der Antragsteller, die Bäume unterfielen nicht der Baumschutzverordnung und das Grundstück liege nicht im Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebiets-verordnung. Die Veränderungssperre sei unwirksam, ein Normenkontrollantrag sei beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter Az. 2 N 10.230 anhängig, auf die Begründungsschrift vom 15. Februar 2010 werde Bezug genommen. Zudem seien auf dem Grundstück Bauwerke vorhanden, namentlich Garagen, Terrassen, Keller, Treppen, Fundamentplatten sowie Stützmauern zur Hangstabilisierung, die durch die Wurzeln der Bäume bereits nachhaltig geschädigt worden seien und deren Unterhal-tung die Baumfällungen dienten. Hierzu wurde ein Gutachten zu den Auswirkungen des Baumbestands auf die vorhandene Hangsicherung vom 28. Juli 2009 vorgelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

1. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfällt die grundsätzlich nach § 80 Abs. 1 VwGO bestehende aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage, wenn die Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts ist gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich zu begründen. Erforderlich ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm bekämpften Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, RdNr. 85 zu § 80).

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin in Nummer V des Bescheides vom …. Dezember 2009 die sofortige Vollziehung der in den Nummern I.1 und I.2 ge-troffenen Anordnungen angeordnet. Eine schriftliche Begründung hierfür erfolgte jedoch lediglich hinsichtlich der in Nummer I.1 getroffenen Anordnung, die Fällung von Bäumen zu unterlassen, indem die Antragsgegnerin auf das öffent-liche Interesse an der Erhaltung des vorhandenen Baumbestandes sowie auf die bei einem Zuwarten zu befürchtende Gefahr der vollständigen Fällung verwies. Hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung der in Nummer I.2 getroffenen Anordnung, die mit den Nummern 1 bis 9 gekennzeichneten Bäume zu fällen und abtransportieren zu lassen, fehlt es hingegen an einer schriftlichen Begründung.

Die Begründung war auch nicht entbehrlich. Zwar bedarf es gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO einer besonderen Begründung nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft. Jedoch wurde die in Nummer I.2 getroffene Anordnung, die mit den Nummern 1 bis 9 gekennzeichneten Bäume zu fällen und abtransportieren zu lassen, nicht als Notstandsmaßnahme bezeichnet.

Da sich die Vollziehbarkeitsanordnung, soweit sie sich auf die in Nummer I.2 getroffene Anordnung bezieht, demnach als formell rechtswidrig erweist, war insoweit die Aufhebung der sofortigen Vollziehung ohne Sachprüfung isoliert anzuordnen (Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, RdNr. 93 zu § 80).

2. Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die auf-schiebende Wirkung der Klage wiederherstellen. Dabei trifft das Gericht im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eine eigene, originäre Ermessensentscheidung unter Abwägung des von der Behörde geltend gemachten Interesses an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides und des Interesses des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Wesentliches Element dieser Entscheidung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens: Ist die Hauptsacheklage nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage regelmäßig zurück; erscheint der angefochtene Beschied hingegen nach kursorischer Prüfung voraussichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung.

Im vorliegenden Fall erweist sich die in Nummer I.1 des Bescheides getroffene Anordnung, die Fällung von Bäumen auf dem Grundstück Flurnummer … der Gemarkung … zu unterlassen, bei summarischer Überprüfung als rechtswidrig.

Gestützt wurde diese Anordnung auf die Rechtsgrundlage des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 LStVG. Danach können die Sicherheitsbehörden, soweit eine solche gesetzliche Ermächtigung nicht in Vorschriften dieses Gesetzes oder in anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anordnungen für den Einzelfall nur treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, oder verfassungs-feindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden (Nr. 1) oder um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Nr. 3).

2.1 Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG sind im vorlie-genden Fall nicht gegeben, insbesondere erfüllt das Fällen von Bäumen auf dem Grundstück des Antragstellers nicht den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit.

Selbst wenn das Fällen von Bäumen auf dem Grundstück des Antragstellers gegen die von der Antragsgegnerin erlassene Veränderungssperre verstoßen würde, wie dies von der Antragsgegnerin vorgetragen wird, würde dies keine Ordnungswidrigkeit darstellen. Eine Veränderungssperre hätte zwar nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zur Folge, dass erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränder-ungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vor-genommen werden dürfen. Ein Verstoß hiergegen erfüllt jedoch nicht den Tatbe-stand einer Ordnungswidrigkeit. Insbesondere stellt dies keine Ordnungswidrig-keit nach § 213 Abs. 1 Nr. 3 BauGB dar. Danach handelt ordnungswidrig, wer einer in einem Bebauungsplan nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 Buchstabe b festgesetzten Bindung für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern dadurch zuwiderhandelt, dass diese beseitigt, wesentlich beeinträchtigt oder zerstört werden. Der bestehende Bebauungsplan vom 28. Juni 2005 enthält derartige Festsetzungen nicht, ein neuer Bebauungsplan ist bislang noch nicht in Kraft getreten. Hingegen genügt das Vorliegen einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB nach dem Wortlaut des § 213 Abs. 1 Nr. 3 BauGB nicht für die Erfüllung dieses Tatbestands.

Auch ansonsten ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller durch das Fällen von Bäumen auf seinem Grundstück den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit ver-wirklichen würde. So scheidet eine Ordnungswidrigkeit nach der Verordnung des Bezirks Oberbayern über den Schutz von Landschaftsteilen entlang der Isar in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen, München, Freising und Erding als Landschaftsschutzgebiet vom 18. Februar 1986 (Landschaftsschutzgebiets-verordnung Isartal) bereits deshalb aus, weil das Grundstück des Antragstellers ausweislich der zur Landschaftsschutzgebietsverordnung zugehörigen Karte nicht in deren Geltungsbereich liegt. Auch unterfällt das Grundstück, da es nicht innerhalb eines Bebauungszusammenhangs liegt, nicht dem Geltungsbereich der Verordnung der Antragsgegnerin über den Schutz des Bestandes an Bäumen vom 28. September 2004 (Baumschutzverordnung), so dass auch hiernach eine Ordnungswidrigkeit nicht in Betracht kommt. Zudem stellt das Fällen von Bäumen durch den Antragsteller, bei dem es sich nicht um eine Form der Wald-bewirtschaftung handelt, keinen Kahlhieb nach Art. 14 Abs. 3 BayWaldG dar, hin-gegen ist eine Rodung aufgrund des bestehenden Bebauungsplans vom 28. Juni 2005 gemäß Art. 9 Abs. 8 BayWaldG waldrechtlich erlaubnisfrei möglich, so dass auch keiner der Ordnungswidrigkeitentatbestände des Art. 46 BayWaldG erfüllt ist (vgl. auch Schreiben des Landratsamts München vom 5. November 2009).

2.2 Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG sind im vorliegenden Fall nicht gegeben, da bei einer Fällung der Bäume auf dem Grund-stück des Antragstellers keine Gefahr für die von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG geschützten Rechtsgüter droht. Insbesondere stellen die Bäume auf dem Grund-stück des Antragstellers keine Sachwerte dar, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint.

Grundsätzlich kann auch eine private Sache Gegenstand des Schutzes nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG sein, wenn sie in einer Beziehung zur Allgemeinheit steht und für diese von erheblicher Bedeutung ist. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung einer Sache kann sich aus dem ihr innewohnenden Nutzen für die Allgemeinheit oder aus ihrem spezifischen Wert ergeben (Koehl in Bengl/Berner/ Emmerig, LStVG, Stand Juni 2010, RdNr. 60 zu Art. 7).

Dies ist bei den Bäumen auf dem Grundstück des Antragstellers nicht der Fall. Weder unterfallen sie dem Geltungsbereich der Baumschutzverordnung der Antragsgegnerin noch dem der Landschaftsschutzverordnung Isartal des Bezirks Oberbayern. Auch kommt den Bäumen, wie dem vom Antragsteller in Auftrag gegebenen Gutachten zu den Auswirkungen des vorhandenen Baumbestands auf die vorhandene Hangsicherung vom 28. Juli 2009 zu entnehmen ist, keine herausragende Bedeutung für die Sicherung des Hanggrundstückes zu. Zwar mögen die Bäume angesichts ihrer Lage am Isar-Hochufer aus ortsgestaltender Sicht bedeutsam sein, auch mag die von der Antragsgegnerin erlassene Ver-änderungssperre, wenn sie wirksam sein sollte, grundsätzlich, sofern keine Unterhaltungsarbeiten vorliegen, der Fällung entgegenstehen. Jedoch wird aus der in Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG vorgenommene Reihung der geschützten Rechtsgüter deutlich, dass dem Rechtsgut des Sachwertes wertungsmäßig eine vergleichbare Bedeutung wie den übrigen von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG geschützten Rechtsgütern Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen zukommen muss. Weder der Gesichtspunkt der Ortsgestaltung noch der Gesichtspunkt der Veränderungssperre bzw. der dahinter stehenden gemeind-lichen Planungshoheit vermag den Bäumen eine derart hohe Bedeutung zu verleihen, als dass dies wertungsmäßig mit den Rechtsgütern Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen vergleichbar wäre.

Da die in Nummer I.1 des streitgegenständlichen Bescheides getroffene Anord-nung, das Fällen von Bäumen auf dem Grundstück zu unterlassen, nicht von der Rechtsgrundlage des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 LStVG getragen wird und eine andere Rechtsgrundlage, die in der Zuständigkeit der Antragsgegnerin liegt, nicht ersichtlich ist, erscheint die Anordnung materiell rechtswidrig, so dass dies-bezüglich die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen war.

3. Die in Nummer IV des Bescheides vom 1. Dezember 2010 erfolgte Androhung von Zwangsgeld ist gemäß Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Gemäß Art. 21a Satz 2 VwZVG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache jedoch auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Hierbei sind das Vollzugsinteresse der Behörde und das Suspensiv-interesse des Antragstellers abzuwägen, wobei der Frage der Erfolgsaussichten in der Hauptsache maßgebliche Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall fehlt es an der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzung des Art. 19 Abs. 1 VwZVG. Danach können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn sie nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden können (Nr. 1), wenn der förmliche Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat (Nr. 2) oder wenn die sofortige Vollziehung angeordnet ist (Nr. 3). Zwar hat die Antragsgegnerin in Nummer V des Bescheides die sofortige Vollziehung der Nummern I.1 und I.2 des Bescheides angeordnet, jedoch hat das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der Nummer I.2 des Bescheides die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgehoben und hinsichtlich der Nummer I.1 des Bescheides die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt.

Somit war hinsichtlich der in Nummer IV des Bescheides erfolgten Androhung von Zwangsgeld bei Nichtbeachtung der in den Nummern I.1 und I.2 getroffenen Anordnungen die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Nach alledem war dem Antrag wie tenoriert stattzugeben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog. Da die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes mit insgesamt 20.000,-- € höher ist als der für die Grundverfügung anzusetzende Auffangstreitwert von 5.000,-- €, war dieser höhere Wert zugrunde zu legen (Streitwertkatalog Nr. 1.6), der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die Hälfte zu reduzieren war (Streitwertkatalog Nr. 1.5).

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